Der einzige im KZ geweihte Priester: Gedenktag des seligen Karl Leisner
Heute, am 12. August, gedenkt die katholische Kirche des seligen Karl Leisner. Er steht als außergewöhnlicher Glaubenszeuge wider den Nationalsozialismus in der deutschen Kirchengeschichte. Leisner empfing am 17. Dezember 1944 unter dramatischen Umständen im Konzentrationslager Dachau die Priesterweihe – die einzige, die jemals in einem KZ vollzogen wurde.
Seine frühe Prägung erhielt er durch die katholische Jugendbewegung, deren Anhänger er bereits als Gymnasiast in Kleve war. Besonders die Schönstatt-Bewegung, die er 1933 während einer Tagung mit Exerzitien in Schönstatt kennenlernte, wurde für ihn zu einer wichtigen geistlichen Heimat und bestimmte seinen weiteren Lebensweg entscheidend.
Der engagierte Jugendführer stieg schnell zum Bezirksjungscharführer und schließlich zum Diözesanjungscharführer auf. 1934 übertrug ihm Bischof Clemens August Graf von Galen die Betreuung der katholischen Jugend des Bistums Münster.
Nach seinem Abitur im Jahr 1934 studierte Leisner Philosophie und Theologie in Münster und schloss sich dort einer Schönstattgruppe an, zu der auch der spätere Bischof Heinrich Tenhumberg gehörte. Seine Liebe zu Christus dokumentierte er im Jahr 1935 in seinem Tagebuch mit den Worten: „Christus – Du bist meine Leidenschaft.“ Aufgrund seiner tiefen Religiosität und seines entschiedenen Einsatzes für die katholische Jugendarbeit geriet er früh mit der nationalsozialistischen Ideologie in Konflikt.
Bereits 1937 wurde die Gestapo auf den engagierten Jugendseelsorger aufmerksam und durchsuchte die elterliche Wohnung. Seine kritische Haltung gegenüber Hitler und dem Nationalsozialismus sollte sich schließlich als sein Verhängnis erweisen.
Am 25. März 1939 wurde er von Bischof Graf von Galen zum Diakon geweiht, musste jedoch aufgrund einer schweren Tuberkuloseerkrankung zur Kur ins Lungensanatorium St. Blasien im Schwarzwald.
Der entscheidende Wendepunkt seines Lebens ereignete sich am 9. November 1939, als das Radio die Nachricht vom gescheiterten Attentat Georg Elsers auf Adolf Hitler im Münchner Bürgerbräukeller übertrug.
Karl Leisner äußerte spontan: „Schade, dass er nicht dabei gewesen ist.“ Ein Mitpatient denunzierte ihn, und noch am selben Tag wurde der 24-jährige Diakon von der Gestapo verhaftet und wegen staatsfeindlicher Äußerungen angeklagt.
Nach der Verhaftung kam Leisner zunächst ins Gefängnis nach Freiburg, dann nach Mannheim, bevor er im März 1940 ins Konzentrationslager Sachsenhausen und schließlich im Dezember 1940 ins KZ Dachau eingeliefert wurde. Dort wurde er im sogenannten Priesterblock untergebracht, wo über 2.800 Geistliche verschiedener Nationalitäten inhaftiert waren. Die unmenschlichen Bedingungen im Konzentrationslager verschlechterten seinen Gesundheitszustand dramatisch, und im Frühjahr 1942 brach seine Tuberkulose erneut aus.
Trotz seiner schweren Krankheit und der Internierung im Krankenrevier ließ Karl Leisner seinen Traum vom Priestertum nicht los. Er engagierte sich weiterhin für seine Mithäftlinge, schmuggelte konsekrierte Hostien ins Krankenlager, reichte die Krankenkommunion und ermutigte die Gefangenen mit Gebet und musikalischer Unterhaltung.
Gemeinsam mit anderen Schönstatt-Anhänglingen gründete er eine geheime Gruppe mit dem Namen „Victor in vinculis“ – „Sieger in Ketten“.
Die Erfüllung seines Lebenstraums schien zunächst aussichtslos, bis im September 1944 der französische Bischof Gabriel Piguet von Clermont-Ferrand ebenfalls als Häftling nach Dachau kam. Dies eröffnete die einmalige Möglichkeit einer Priesterweihe im Konzentrationslager.
Unter größter Geheimhaltung und Gefahr organisierten die Häftlinge die notwendigen liturgischen Gegenstände. Die 20-jährige spätere Ordensfrau Josefa Mack, die unter dem Decknamen „Mädi“ agierte, schmuggelte über die Gärtnerei des KZ die für die Weihe benötigten heiligen Öle, Weihetexte und die Genehmigung von Kardinal Michael Faulhaber ins Lager.
Häftlinge fertigten unter Lebensgefahr die notwendigen liturgischen Gewänder, eine Mitra und einen Bischofsring an. Der Benediktinerpater Makarius Spitzig schnitzte einen Bischofsstab mit der lateinischen Inschrift „Victor in vinculis“. Alle Details, die gemäß dem damaligen kanonischen Recht für eine Priesterweihe erforderlich waren, wurden sorgfältig eingehalten.
Am 17. Dezember 1944, dem dritten Adventssonntag, fand in der Kapelle des Priesterblocks die historische Zeremonie statt. Bischof Gabriel Piguet weihte den todkranken 29-jährigen Karl Leisner in Anwesenheit zahlreicher Häftlinge verschiedener Nationalitäten zum Priester. Die Zeremonie wurde zu einem bewegenden ökumenischen Ereignis und einem Hoffnungsschimmer inmitten der Lagerhölle.
Am 26. Dezember 1944, am Fest des heiligen Stephanus, feierte Karl Leisner seine Primiz – seine erste und einzige Heilige Messe als Priester. Das rote Messgewand wurde entsprechend der liturgischen Farbe für das Märtyrerfest gewählt. Diese Messe sollte zugleich sein priesterliches Testament werden, denn seine Tuberkulose war bereits so weit fortgeschritten, dass seine Tage gezählt waren.
Nach der Befreiung des KZ Dachau am 29. April 1945 durch die US-Armee stand das Lager zunächst unter Quarantäne. Am 4. Mai 1945 gelang es dem Jesuiten Otto Pies und dem Dachauer Stadtpfarrer Friedrich Pfanzelt, den todkranken Karl Leisner in das Waldsanatorium bei Planegg zu bringen.
Dort fand er liebevolle Pflege durch die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul. In seinem Tagebuch hielt er seine Dankbarkeit für die menschenwürdige Behandlung fest: „Welche Seligkeit! Allein in einem eigenen Zimmer.“ Und: „Wieder zur Menschenwürde gelangt.“
Am 12. August 1945 starb Karl Leisner im Alter von nur 30 Jahren an den Folgen seiner fünfeinhalbjährigen Kerker- und KZ-Haft. Sein letzter Tagebucheintrag lautete: „Segne auch, Höchster, meine Feinde.“ Diese Worte spiegelten seine Bereitschaft zur Versöhnung und christlichen Feindesliebe wider, selbst nach den erlittenen Qualen.
Leisner wurde zunächst in Kleve bestattet und 1966 in die Märtyrergruft des Xantener Doms umgebettet. Am 23. Juni 1996 sprach Papst Johannes Paul II. ihn im Berliner Olympiastadion gemeinsam mit Bernhard Lichtenberg selig.
In seiner Predigt würdigte der Papst ihn als Zeugen eines Lebens, das über den Tod hinausgeht, und betonte: „Sein Glaubensmut und seine Begeisterung für Christus sollen vor allem den jungen Menschen, die in einem weithin von Unglauben und Gleichgültigkeit geprägten Umfeld leben, Anstoß und Vorbild sein“.
Die Priesterweihe Karl Leisners im KZ Dachau bleibt ein einzigartiges Ereignis der Kirchengeschichte und ein leuchtendes Zeichen christlicher Hoffnung inmitten der Dunkelheit des nationalsozialistischen Terrors. Sein Lebenszeugnis steht exemplarisch für jene Christen, die auch unter brutalster Verfolgung ihrem Glauben treu blieben und durch ihre Standhaftigkeit zu Vorbildern für nachfolgende Generationen wurden.
Religion
via CNA Deutsch https://de.catholicnewsagency.com/
August 12, 2025 at 05:24PM