"Im Religionsunterricht gibt es viele spannende Themen" / Religionslehrer wirbt zu Schuljahresbeginn für sein Fach
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DOMRADIO.DE: An diesem Mittwoch beginnt für viele wieder die Schule. Deshalb schauen wir uns das Schulfach Religion einmal genauer an. Wie beliebt ist der Religionsunterricht, und wie kann man ihn so gestalten, dass er beiden Seiten Spaß macht? Magnus Osterkamp ist Französisch- und Religionslehrer an einem Gymnasium und einer Gesamtschule in Borken. Laut Kultusministerium entscheiden sich immer weniger Schülerinnen und Schüler für Religion. Ist das auch Ihre Beobachtung?
Magnus Osterkamp (Evangelischer Religionslehrer in Borken, Nordrhein-Westfalen): Ja, es ist an vielen Schulen so, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die Religion wählen, langsam aber stetig abnimmt. Viele Schülerinnen und Schüler wählen dann lieber Ethik, weil sie Vorurteile haben. Sie glauben, dass wir im Reliunterricht nur stumpf beten. Wenn sie dann im Religionsunterricht sind, merken sie, dass wir wichtige Themen wie Freundschaft besprechen - wer passt auf mich auf und wie passe ich auf andere Leute auf. Im Grunde ist das wie im Ethikunterricht, nur dass wir im Religionsunterricht immer noch an über 2000 Jahre alten Geschichten knüpfen können.
"Im Religionsunterricht besprechen wir wichtige Themen wie Freundschaft."
Manchmal merken die Schülerinnen und Schüler, die Ethik genommen haben, dass es im Religionsunterricht unheimlich spannende Themen gibt. In der siebten, achten oder neunten Klasse wird ihnen bewusst, dass sie auch umwählen können und in den Religionsunterricht reinschnuppern dürfen. Dann ist es natürlich total schön, wenn man übernächste Woche zwei Schülerinnen und Schüler mehr im Reliunterricht hat.
DOMRADIO.DE: Es gibt aber auch Schülerinnen und Schüler, die sich vom Religionsunterricht abmelden.
Osterkamp: Ja, natürlich. Es ist ja auch so, dass es an vielen Schulen nicht mehr so viele Religionslehrerinnen und -lehrer gibt. Da kommt es häufiger vor, dass Schülerinnen und Schüler von der fünften bis zur zehnten Klasse im Prinzip die gleiche Lehrkraft haben.
Irgendwann kann es langweilig werden. Und da tut es auch mal gut, umzuwählen und mal den Lehrer zu wechseln. In der Oberstufe können sich die Schülerinnen und Schüler ja wieder für den Reliunterricht entscheiden. Eigentlich können sie sich jedes Halbjahr und immer wieder umentscheiden. Wenn wir uns die Studienlage angucken, dann sehen wir, dass sich die Schülerinnen und Schüler auch so entscheiden, dass sie diese oder jene Lehrkraft bekommen.
DOMRADIO.DE: Jetzt sind Sie Lehrer für Evangelische Religion. Was halten Sie vom christlichen Religionsunterricht? Also davon, dass evangelische und katholische Schüler gemeinsam Religionsunterricht haben.
Osterkamp: Davon halte ich dann etwas, wenn die Lehrkräfte, die das unterrichten, sehr gut ausgebildet und fortgebildet sind. Die Bezirksregierungen in Nordrhein-Westfalen haben dafür extra das Programm "Konfessionell-kooperativen Religionsunterricht" (kokoRU) aufgelegt. Da gibt es viele Lehrkräfte, die sehr gut ausgebildet sind.
Die allermeisten Lehrkräfte machen schon so Religionsunterricht, dass sie nicht an der eigenen Konfession kleben. Wenn sie heute in einen Religionsunterricht kommen, dann ist das immer ein Fäden spannen zwischen allen Konfessionen. So bekomme ich in meinem Unterricht auch Fragen, wie: "Herr Osterkamp, ich habe jetzt gehört, dass Jesus in der Hostie drin ist." Oder: "Herr Osterkamp, ich hab eine Pfarrerin, aber mein Papa ist katholisch und er hat erzählt, dass er nie eine Pfarrerin haben wird. Woher kommt das?"
"Religionsunterricht soll für die Schülerinnen und Schüler eine Bereicherung sein. Dann ist es egal, was da für eine Konfession hintersteht."
So haben wir im Religionsunterricht auch Kinder sitzen, die zum Beispiel Alevitin oder Alevit sind - dann spannen die Lehrkräfte auch die Fäden zu ihnen. Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass ich überhaupt keine Angst vor christlichem Religionsunterricht habe.
Ich habe bei den Kolleginnen und Kollegen, die das an anderen Schulen machen, sehr viel Engagement gesehen und habe sehr viel tollen Religionsunterricht mitbekommen. Und darum geht es mir: Religionsunterricht soll für die Schülerinnen und Schüler eine Bereicherung sein. Dann ist es egal, was da für eine Konfession hintersteht.
DOMRADIO.DE: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was sollte sich am Religionsunterricht ändern, damit er attraktiver wird?
Osterkamp: Wir brauchen mehr Unterstützung von den Amtskirchen. Es ist nicht damit getan, dass wir Religionslehrkräfte einmal im Jahr eine ein- oder anderthalb-tägige Fortbildung geschenkt bekommen.
Die Kirche weiß gar nicht, wie hart wir dafür kämpfen müssen. Der Religionsunterricht ist der Moment, in dem die meisten jungen Menschen jede Woche mit Kirche in Berührung kommen. Wir bitten, dass die Amtskirche das versteht und uns viel stärker, durchgängiger und einfacher unterstützt, indem sie auf uns zukommt und sagt: "Wie können wir euch helfen?"
Das Interview führte Tobias Fricke.
Ordentliches Lehrfach
Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach an allen öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen, vgl. Art. 7 III GG. Er wird nach Bekenntnissen getrennt in Übereinstimmung mit den Lehren und Grundsätzen der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft erteilt, vgl. SchOG § 31. Er unterliegt als ordentliches Lehrfach der staatlichen Schulaufsicht.
Religion
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August 27, 2025 at 03:52PM