Erzbischof Gössl rudert nach Kritik an Brosius-Gersdorf zurück
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Bamberger Erzbischof Gössl Kritiker von Brosius-Gersdorf rudert zurück
Stand: 17.07.2025 19:15 Uhr
Einer der prominentesten Kritiker der Juristin Brosius-Gersdorf, der Bamberger Erzbischof Gössl, bedauert seine Aussagen. Nach einem Gespräch mit der Kandidatin für das Verfassungsgericht sagte er, er sei "falsch informiert" gewesen.
Nach seiner Kritik an Frauke Frauke Brosius-Gersdorf und deren vermeintlichen Ansichten zu Schwangerschaftsabbrüchen haben der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl und die Juristin miteinander telefoniert. Das Gespräch sei "von gegenseitigem Respekt" geprägt gewesen, teilte das Erzbistum in einer Pressemitteilung mit, die mit Brosius-Gersdorfs Anwälten abgestimmt sei. Der Erzbischof distanziere sich von seiner ursprünglichen Kritik. Zuerst hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Gössl hatte in seiner Predigt am vergangenen Sonntag die geplante Ernennung von Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin im Bundestag als "innenpolitischen Skandal" bezeichnet und angesichts der liberalen Haltung der Juristin zum Abtreibungsrecht von einem "Abgrund der Intoleranz und Menschenverachtung" gesprochen.
Erzbischof bedauert Äußerungen in Predigt
Gössl hatte in seiner Predigt gesagt, dass Brosius-Gersdorf "angeblich das Lebensrecht ungeborener Menschen bestreitet". Nun stellte das Bistum klar: Der Erzbischof sei diesbezüglich "falsch informiert" gewesen, "was er nachdrücklich bedauert". Brosius-Gersdorf habe in dem Telefonat klargestellt, "dass sie sich immer schon für den Schutz des ungeborenen Lebens einsetzte und das auch heute tut". Gössl halte aber auch nach dem Gespräch an seiner Überzeugung fest, "dass es keinen abgestuften Lebensschutz gibt".
Brosius-Gersdorf hatte Gössls Äußerungen vom Sonntag im ZDF als "infam" bezeichnet. Sie wolle "daran erinnern, dass auch Vertreter der Katholischen Kirche an die Verfassungswerte unseres Grundgesetzes gebunden sind und damit auch an meine Menschenwürde und mein Persönlichkeitsrecht".
Bischof Bätzing stellt sich vor Brosius-Gersdorf
Vor der Aussprache zwischen Gössl und Brosius-Gersdorf hatte bereits der Vorsitzende der Katholischen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, die Jursitin gegen Diffamierungen in Schutz genommen. "Diese Frau hat es nicht verdient, so beschädigt zu werden", sagte der Limburger Bischof der Augsburger Allgemeinen.
Auf die Frage, ob Vertreter der Kirche die Diskussion um die Verfassungsrichterwahl angeheizt hätten, sagte Bätzing: "In dieser gesamten Debatte ist viel schiefgelaufen." Viele Personen, die mit der Richterwahl befasst seien, seien dadurch beschädigt worden.
Unklar, wie es weitergeht
Wie es in der Causa Brosius-Gersdorf weitergeht - ob es einen neuen Wahltermin im Bundestag gibt oder ob die Juristin sich überhaupt noch einmal aufstellen lässt - ist unklar. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sagte dem Nachrichtenportal t-online: "Die SPD steht zu 100 Prozent hinter ihr."
Während die SPD an ihrer Kandidatin festhalten will, hat die Union weiter Vorbehalte gegenüber Brosius-Gersdorf. CSU-Chef Markus Söder rechnet nicht mehr mit einer Wahl der Juristin. "Ich glaube, dass es dafür am Ende keine Mehrheit gibt", sagte Bayerns Ministerpräsident der Bild-Zeitung. Er glaube aber, dass sich Union und SPD bei dem Thema einigen könnten, sagte Söder. Am Ende des Sommers werde man "zusammenkommen und am Ende eine gute Entscheidung treffen, die auch das Gesicht der SPD wahrt".
Schwarz-Rot will in Ruhe beraten
Damit Brosius-Gersdorf überhaupt zur Verfassungsrichterin gewählt werden könnte, braucht es im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit - also auch Stimmen der Opposition. Die AfD lehnt die Kandidatin ab, die Linke sieht zunächst Union und SPD am Zug und die Grünen hätten gern zeitnah eine Sondersitzung des Bundestags zu dem Thema.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, haben Union und SPD dem aber eine Absage erteilt. Wie aus einem Schreiben der Parlamentarischen Geschäftsführer Steffen Bilger von der CDU und Dirk Wiese von der SPD hervorgehe, wolle sich die Koalition "die erforderliche Zeit nehmen, einen neuerlichen Anlauf für die Wahlen im Plenum sorgfältig vorzubereiten". Da das Verfassungsgericht voll arbeitsfähig sei, gebe es derzeit keine Dringlichkeit für eine Sondersitzung des Bundestages.
Neben ihren Ansichten zum Thema Schwangerschaftsabruch, wegen derer sie von Union und AfD kritisiert wird, stand Brosius-Gersdorf auch wegen angeblicher Plagiate in ihrer Doktorarbeit in der Kritik. In einem Gutachten konnten die Zweifel aber zunächst ausgeräumt werden.
Auch rechte Kritik an weiterer Kandidatin
Ins Visier rechter Posts und Wortmeldungen gerät zusehends auch die ebenso nominierte Staatsrechtlerin Ann-Katrin Kaufhold aus München. So nannte AfD-Vize Stephan Brandner sie eine "Befürworterin staatlicher Enteignungen mit großer Nähe zum linksgrünen Milieu" und "untragbar". Kaufhold stehe für eine gesellschaftliche Transformation zur Bekämpfung des Klimawandels und wolle demokratische Prozesse umgehen, behauptete der AfD-Politiker.
Kaufhold war Mitglied einer Kommission zur Frage einer Vergesellschaftung von großen Wohnungsunternehmen in Berlin. Das Ergebnis des Gremiums war vor rund zwei Jahren, dass das Grundgesetz dem Land Berlin ermögliche, die Vergesellschaftung von Grund und Boden in einem Gesetz zu regeln.
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July 17, 2025 at 07:23PM