Jahrestagung des Cusanuswerks 2025
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Mit einem Festvortrag des Philosophen Prof. Dr. Markus Gabriel (Bonn) und einem vom Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz (Paderborn) gefeierten Festgottesdienst ist heute (15. Juni 2025) die Jahrestagung der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk im niederländischen Baarlo bei Venlo zu Ende gegangen. Rund 700 Stipendiatinnen und Stipendiaten diskutierten mit Gästen aus Wissenschaft, Kirche, Wirtschaft, Politik, Kultur und Medien über das Thema Komplexität.
Die Jahrestagung ist die größte Veranstaltung im interdisziplinären Bildungsprogramm des Cusanuswerks und widmete sich dem Jahresthema 2025 „Komplexität“. „Der Eindruck, dass sich die Komplexität des Alltags beständig steigert und unsere Welt im Ganzen dabei komplexer zu werden scheint, ist in hohem Maße abhängig von der akademischen, fachlichen, spirituellen oder individuellen Perspektive. Indem wir uns der Komplexität stellen und uns ihr interdisziplinär nähern, wollen wir die Grundlage für einen produktiven Umgang schaffen. Wo, wenn nicht im Cusanuswerk, wo wir echte Vielfalt und vorurteilsfreien Austausch und Dialog erleben, könnte das gelingen“, so Prof. Dr. Georg Braungart, Leiter des Cusanuswerks.
In seinem Impulsvortrag zeichnete Dr. Marco Wehr, Physiker und Philosoph, das Bild von einer Welt, die wie nie zuvor in der Menschheitsgeschichte zu „einem verwickelten Knäuel des Komplexen“ geworden sei. Gleichzeitig eröffnete er Strategien und Möglichkeiten, mit dieser Situation umzugehen.
„Alles Leben, alle Schönheit, aber auch die Krisen unserer Zeit sind Ausdruck einer überwältigenden Komplexität. Es ist notwendig, zumal in der Begabtenförderung, die Komplexität und Ambiguität der Dinge auszuhalten und zu durchdenken, auch wenn es unbequem ist. Es braucht die Auseinandersetzung mit Komplexität, um die Zukunft verantwortungsvoll mitzugestalten. Mit einfachen Antworten, egal aus welchem ‚Lager‘, lassen sich die großen Probleme in einer vernetzten Welt nicht lösen“, betonte Dr. Thomas Scheidtweiler, Generalsekretär des Cusanuswerks.
Prof. Dr. Markus Gabriel, Lehrstuhlinhaber für Erkenntnistheorie, Philosophie der Neuzeit und Gegenwart an der Universität Bonn, verortete in seinem Festvortrag „Soziale Komplexität als Quelle moralischen Fortschritts“ Komplexität in Bezug auf individuelles Empfinden und Handeln: „Echter moralischer Fortschritt besteht darin, dass wir über Probleme, die wir in den aktuellen Krisenzeiten haben, einmal ganz anders nachdenken: Indem wir auf scheinbar einfache Fragen komplexe Antworten geben.“
In der Eucharistiefeier warnte Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz mit Nachdruck davor, komplexe Zusammenhänge unterzubewerten: „Es wundert nicht, dass in den vergangenen Jahren ‚Reduktion‘ nicht nur stilbildend für Kunst und Architektur wurde, sondern auch Trend für das private Zuhause geworden ist: Simplify your life. Arbeit und gesellschaftliches Leben sind komplex genug – Einfachheit dann wenigstens dort, wo man selbstbestimmt gestalten kann. Vielleicht ist das noch der sympathischste Ausdruck einer um sich greifenden Komplexitätsmüdigkeit, die man als gesellschaftliches Phänomen nicht leugnen kann. Ist es eine Folge von Überforderung? Der gefährlichste Ausdruck einer solchen Komplexitätsmüdigkeit ist der ‚Erfolg‘ und die zunehmende Zustimmung zu einer populistischen Reduktion von Komplexität im politischen Kontext, gepaart mit Frust und Aggression“, so Erzbischof Bentz. Christen seien Anwalt in der Gesellschaft dafür, dass „wir der Versuchung einer fundamentalistischen und populistischen Vereinfachung nicht erliegen und Menschen durch scheinbar einfache Antworten instrumentalisiert werden.“ Deshalb müsse es auch im kirchlichen Kontext darum gehen, immer gemeinsam nach der „Wahrheit des Evangeliums für unsere Gegenwart – und wir haben die Wahrheit nur in der Gegenwart – zu suchen: im Hören aufeinander, im Ringen miteinander und im gemeinsamen Unterscheiden.“ Erzbischof Bentz: „Für uns muss ein Suchen nach der Wahrheit bedeuten: die Wirklichkeit der Komplexität und Ambivalenz wahrzunehmen, wie sie ist, und sich – gerade als Christen – nicht in eine Scheinwelt aus der Komplexität hinaus zu flüchten.“
Hintergrund
Die Bischöfliche Studienförderung Cusanuswerk ist das Begabtenförderungswerk der katholischen Kirche in Deutschland. Mit staatlichen, kirchlichen und privaten Zuwendungen fördert das Cusanuswerk aktuell rund 2.400 herausragend begabte katholische Auszubildende, Studierende und Promovierende. Cusanerinnen und Cusaner tragen mit fachlicher Exzellenz sowie herausragendem Engagement zum Gemeinwohl bei, ein Leben lang und vielfach in besonders verantwortungsvollen Positionen von Kirche und Gesellschaft, von Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Für die Qualität seiner Leistungen wurde das Cusanuswerk 2025 von der Initiative Ludwig-Erhard-Preis e.V. (ILEP) mit dem Zertifikat „Recognised for Excellence – 5 Star“ ausgezeichnet. Es hat zudem den deutschen Excellence-Preis, Ludwig-Erhard-Preis 2024, erhalten.
Die Jahrestagung fand in Kooperation mit dem Katholischen Akademischen Ausländer-Dienst (KAAD) statt.
Hinweise:
Fotos stehen kostenfrei unter https://www.cusanuswerk.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2025 zum Herunterladen zur Verfügung.
Religion
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June 15, 2025 at 12:02PM