Der Kulturkampf geht weiter: Prien untersagt in ihrem Ministerium (auch der Queer-Beauftragten?) das Gendern
BERLIN. Mit ihrer neuen Hausanordnung sorgt Karin Prien (CDU) für Wirbel. Mit sofortiger Wirkung hat die Bildungs- und Familienministerin die Verwendung von Gender-Sonderzeichen wie Doppelpunkt, Sternchen oder Binnen-I in ihrem Ministerium untersagt. Zuvor forderte sie bereits mehrfach ein bundesweites Gender-Verbot für Schulen. Mit ihrer Entscheidung sorgt sie für Applaus in den eigenen Reihen – und befeuert zugleich eine Debatte, die längst zum Kulturkampf geworden ist.
Bundesbildungsministerin Karin Prien verbietet Gender-Sonderzeichen in ihrem Ministerium. Foto: shutterstock
Worum geht es wirklich in der Frage um die Gender-Sprache? Geht es wirklich um Verständlichkeit oder doch um politische Abgrenzung? Die Reaktionen auf das Gender-Verbot von Karin Prien zeigen auf jeden Fall tiefe Gräben zwischen Gegnern und Befürwortern von Gender-Sprache. Während Politiker*innen von CDU und CSU die Maßnahme feiern und von „einer Politik für alle“ reden zeigen sich Betroffene und queere Verbände vor den Kopf gestoßen. Sie fürchten weitrechende Folgen für gesellschaftliche Teilhabe.
Die Anordnung Priens betrifft alle offiziellen Schriftstücke der internen sowie externen Kommunikation des Ministeriums, in denen nun keine Gender-Sonderzeichen mehr auftauchen dürfen. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung wurde die neue Hausordnung bei einer internen Personalversammlung vorgestellt. Prien erklärte, dass man sich damit an der deutschen Rechtschreibung orientieren wolle. Sie begründet diesen Schritt damit, dass es zwar die Aufgabe des Ministeriums sei, „auch für all jene Politik zu machen, die zu oft und wieder zunehmend an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden“. Dies solle aber nicht vom Standpunkt einer Aktivistin heraus erarbeitet werden, sondern „aus der Sache heraus für das Recht jeder einzelnen Person.“
Ziel sei es laut Prien, „Klarheit und Verständlichkeit für alle“ zu gewährleisten. Ihr gehe es mit der Maßnahme zudem um den Anspruch, auch jene Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, „die zu oft und wieder zunehmend an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden“. Daher sei es wichtig, in „Kommunikation und Umgang adressatengerecht“ vorzugehen, wird Prien von der „shz” zitiert. Die Gendersprache falle auch nicht gänzlich weg, Formulierungen wie Lehrerinnen und Lehrer seien weiterhin möglich. Es gehe lediglich um Sonderzeichen.
„Wer privat gendern möchte, kann das gerne machen”
Die Reaktionen auf das Verbot fallen sehr unterschiedlich aus. Besonders scharfe Kritik äußerte die Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit (dgti). Der Verband sieht in Priens Vorgehen eine Gefahr für die Sichtbarkeit von nicht-binären Menschen – und einen klaren Widerspruch zum Rechtsgutachten der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Dieses hatte vor einem staatlichen Verbot inklusiver Sprache gewarnt – ein solcher Schritt könne verfassungsrechtlich bedenklich sein. Das Online-Portal „Schwulissimo“ wies außerdem darauf hin, dass das Bundesministerium von Karin Prien maßgeblich auch für die Belange der queeren Community zuständig sei, da dort beispielsweise das Amt der neuen Queer-Beauftragten Sophie Koch (SPD) eingegliedert sei.
Insgesamt häufen sich in sozialen Netzwerken Stimmen aus der queeren Community, die sich durch das Genderverbot explizit ausgeschlossen fühlen. Das Nachrichtenportal „Watson“ fasst es so zusammen: „Die Botschaft an sexuelle Minderheiten ist klar: Ihr seid nicht mitgemeint. Ihr zählt in unserer Politik nicht. Wir sehen euch nicht.“
Rückendeckung erhält Prien aus ihrer eigenen Partei. Der CDU-Politiker Christoph Ploß, schrieb auf der Plattform X: „Sehr gute Entscheidung von @PrienKarin! Die ideologische #Gendersprache hat in keinem (!) Ministerium etwas zu suchen.“ Auch Dorothee Bär (CSU), Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt hatte sich laut „shz“ bereits Mitte Mai in einem Facebook-Post ähnlich geäußert: „Wir stehen zum Grundsatz: Leben und leben lassen. Wer privat gendern möchte, kann das gerne machen, aber wir stellen und klar gegen jeden Zwang!“ Ein Argument, das in der Debatte häufiger angebracht wird, jedoch ohne eine Erklärung, warum ein Verbot weniger Zwang darstellt.
Sprachpolitik als kulturpolitische Frontlinie
In mehreren unionsgeführten Bundesländern wurden bereits explizite Genderverbote an Schulen eingeführt (News4teachers berichtete). Prien selbst hatte sich im Mai erneut für ein bundesweites Verbot geschlechtergerechter Sonderzeichen im Unterricht ausgesprochen. „Gerade in einem Einwanderungsland ist es wichtig, dass nach einheitlichen Regeln unterrichtet und geschrieben wird“, sagte Prien damals den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Geschlechtersensible Sprache ist wichtig, aber Sonderzeichen wie Sternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich sollten in der Schule nicht gelehrt und nicht genutzt werden“, so Prien weiter. Sie verwies dabei auf den Rat für deutsche Rechtschreibung, der laut eigener Pressemitteilung bisher „Sonderzeichen im Wortinnern, die die Kennzeichnung aller Geschlechtsidentitäten vermitteln sollen, in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung nicht empfohlen” hat.
In dieser aufgeheizten Debatte hatte sich Duden-Chefin Kathrin Kunkel-Razum im letzten Jahr ebenfalls zu Wort gemeldet. Sie stellte laut der Webseite „queer.de“ fest, dass in der aufgeheizten Atmosphäre in Deutschland keine sachliche Debatte über das Gendern mehr möglich sei.
Kritik: Falsche Prioritäten
In dieser festgefahrenen Situation wirkt es besonders befremdlich, dass Ministerin Prien das Thema Gendern nur drei Monate nach Amtsantritt in den Fokus rückt. Noch 2023 hatte sie selbst in Bezug auf die Gender-Debatte betont: „Die Union sollte sich nicht auf Nebenkriegsschauplätzen verkämpfen.“ Nun aber tut sie genau das: einen kulturpolitischen Nebenkriegsschauplatz eröffnen, der andere, wichtigere Themen in den Hintergrund drängt. Denn wer Gender-Sprache verbietet, der sendet – gewollt oder nicht – ein klares Signal. Die Frage ist nur: An wen soll Priens Signal gehen? News4teachers
“Wieder einen Spaltkeil mehr rein in die Gesellschaft”: Ein Jahr Genderverbote für Schulen und Hochschulen – eine Bilanz
Der Beitrag Der Kulturkampf geht weiter: Prien untersagt in ihrem Ministerium (auch der Queer-Beauftragten?) das Gendern erschien zuerst auf News4teachers.
Schule
via News4teachers https://www.news4teachers.de/
July 7, 2025 at 02:17PM