Nächster Pensions-Hammer: Jetzt sollen Beamte fünfeinhalb Jahre später in Ruhestand gehen
BERLIN. Kaum hat sich die Empörung über Carsten Linnemanns Vorstoß gelegt, die Verbeamtung von Lehrkräften infrage zu stellen, da kommt der nächste Angriff auf ihre Altersversorgung: Das Pestel-Institut fordert, dass Beamte wegen ihrer höheren Lebenserwartung satte fünfeinhalb Jahre länger arbeiten sollen – ein Vorschlag, der auch mehr als 600.000 Lehrkräfte in Deutschland träfe.
Es wird gehämmert. Illustration: Shutterstock
Erst Bärbel Bas, dann Katharina Reiche, schließlich Carsten Linnemann – und jetzt der nächste Hammer: Beamte sollen deutlich später in Rente gehen als andere Berufsgruppen. Den Vorschlag liefert das Pestel-Institut, wie der Spiegel berichtet. Die Begründung: Beamte leben im Schnitt deutlich länger als Arbeiter – und sollen deshalb auch entsprechend länger arbeiten. Der radikale Plan: fünfeinhalb Jahre mehr Lebensarbeitszeit.
„Wer weniger verdient, lebt statistisch auch kürzer. Überdurchschnittlich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeiter erreichen die Rente nicht einmal, weil sie früher sterben“, sagt Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts. Umgekehrt würden die, die mehr verdienten – „gewissermaßen proportional zu ihrem Einkommen“ – statistisch auch deutlich älter. „Sie bekommen also eine höhere Rente oder Pension – und das auch noch wesentlich länger. Menschen mit geringen Einkommen dagegen müssen mit einer deutlich niedrigeren Rente klarkommen, von der sie außerdem deutlich kürzer überhaupt etwas haben.“
Tatsächlich haben männliche Beamte im Schnitt ab dem 65. Lebensjahr eine Lebenserwartung von weiteren 21,5 Jahren, wie eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2021 zeigt. Bei männlichen Arbeitern sind es nur 15,9 Jahre – ein Unterschied von etwa fünfeinhalb Jahren. Das derzeitige System, so Günther, führe zu großer Ungerechtigkeit. Verkäuferinnen und Friseure müssten mit mageren Renten auskommen, während Pensionäre im Wohlstand alt werden. Seine Forderung: entweder eine soziale Staffelung – höhere Renten für Geringverdiener, Dämpfung bei Besserverdienenden – oder eben ein späterer Renteneintritt für Beamte.
Der Vorstoß fällt in eine Zeit, in der die Beamtenversorgung ohnehin politisch unter Druck geraten ist. Schon im Mai hatte Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) für Aufsehen gesorgt, als sie forderte, Beamte künftig in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. „In die Rentenversicherung sollten auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige einzahlen. Wir müssen die Einnahmen verbessern“, sagte Bas. Das Ziel: mehr Gerechtigkeit und mehr Geld für die Rentenkasse. Die Reaktionen der Beamtenverbände fielen scharf aus. „Einer Zwangs-Einheitsversicherung erteilen wir eine klare Absage“, erklärte der Deutsche Beamtenbund (dbb). Bundesvorsitzender Volker Geyer sprach von einem „Angriff auf das Berufsbeamtentum“ und warnte vor „erbittertem Widerstand“. Der Staat, so Geyer, spare durch eine solche Reform nichts – im Gegenteil.
Nur wenige Wochen später folgte Katharina Reiche (CDU) mit einem Appell, die Lebensarbeitszeit generell zu verlängern. „Der demographische Wandel und die weiter steigende Lebenserwartung machen es unumgänglich: Die Lebensarbeitszeit muss steigen“, sagte die Bundeswirtschaftsministerin. „Es kann jedenfalls auf Dauer nicht gut gehen, dass wir nur zwei Drittel unseres Erwachsenenlebens arbeiten und ein Drittel in Rente verbringen.“ Auch wenn Reiche keine Berufsgruppen nannte, scheint klar: Lehrkräfte dürften in ihrem Verständnis zu jenen gehören, die „länger arbeiten könnten und sollten“.
Wie zur Bestätigung legte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann schließlich beim „Tag des Handwerks“ nach – und zielte direkt auf die Verbeamtung. Er wolle den Beamtenstatus künftig auf klassische hoheitliche Aufgaben beschränken: Polizisten, Richter, Staatsanwälte, Finanzbeamte, Zoll. Lehrkräfte? Keine Erwähnung. „Nicht jeder soll verbeamtet werden“, so Linnemann – „übrigens auch nicht in den Verwaltungen“.
„Der Vorstoß der Bundesregierung ist nicht nur eine Frechheit, sondern auch ein unsinniger Bärendienst für die Attraktivität des gesamten Berufsfeldes“
Das löste in der Bildungswelt Empörung aus. „Nach Jahren der dauerhaften Überlastung und angesichts des eklatanten Personalmangels an Schulen ist der Vorstoß der Bundesregierung nicht nur eine Frechheit, sondern auch ein unsinniger Bärendienst für die Attraktivität des gesamten Berufsfeldes“, konterte VBE-Chef Gerhard Brand. Das Beamtentum garantiere Verlässlichkeit, so Brand, und sei eine Grundlage für die Qualität des Schulwesens. dbb-Chef Geyer warnte vor Streiks an Schulen und vor einer Entwicklung wie in den USA, wo politische Mehrheiten den gesamten Staatsapparat austauschen könnten. Das Beamtentum sei „ein Bollwerk gegen Extremismus“ und passe „zu 150 Prozent in die Zeit“.
Mit dem Vorschlag des Pestel-Instituts dürfte die Debatte trotzdem noch einmal zuspitzen – das von der Politik kaum überhörbare Signal: dass das Berufsbeamtentum in der Bildungspolitik immer weniger als unantastbar gilt. News4teachers
“Angriff auf das Fürsorgeverhältnis” – schon wieder: Jetzt sollen Lehrkräfte keine Beamten mehr sein
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August 8, 2025 at 05:56PM