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Trumpismus: Weit das wilde Land, eng die eigene Welt. Zeit.de
Trumpismus: Weit das wilde Land, eng die eigene Welt. Zeit.de

Der Artikel "Trumpismus: Weit das wilde Land, eng die eigene Welt" auf Zeit.de beleuchtet die ideologischen und gesellschaftlichen Aspekte des Trumpismus. Diese Bewegung, geprägt durch Donald Trump, vereint Elemente wie extremen Nationalismus, Personenkult und Feindbilder. Sie spiegelt eine enge Weltanschauung wider, die auf Abgrenzung und Mythenbildung basiert, während gleichzeitig die USA als "wildes Land" dargestellt werden, das neue Grenzen verschieben will – von der Eroberung des Westens bis hin zu Elon Musks Marsplänen

Trumpismus: Weit das wilde Land, eng die eigene Welt | ZEIT ONLINE

www.zeit.de Die Vereinigten Staaten von Amerika sind ein seltsames, progressives, reaktionäres und schuldbeladenes Konstrukt. In ihrem Gründungsmythos verbinden sich das Archaische und das Moderne, flackernd zwischen den Polen vom Eiland Manhattan und vom Wilden Westen – dem Ort der Ankunft der Einwanderer und der sogenannten Moving Frontier, die, wie es scheint, bis heute nicht aufhört, sich zu bewegen. Ihr Geist wirkt bis in die Gegenwart.

Die Moving Frontier war eine gewaltsame Unterwerfung der Natur, der indigenen Einwohner, der Mexikaner und nicht zuletzt der eigenen unkontrollierten Gier nach Land, Gold und Macht. Das berühmte Bild American Progress von John Gast fasst diese Bewegung von Ozean zu Ozean allegorisch zusammen.

American Progress John Gast 1873 Das Gemälde "American Progress" des Malers John Gast stellt allegorisch das sogenannte "Manifest Destiny" dar: die göttliche Vorbestimmung der Frontier-Bewegung. © GRANGER Historical Picture Archive/​imago images So wie die Freiheitsstatue in New York für Integration und Erlösung steht, so erklärt dieses Bild das exkludierende Western Movement. Die dort Eingeladenen werden hier zu den Vertreibern und Mördern und empfinden gerade dies als heilige Sendung. Ursprünglich hieß das Bild Spirit of the Frontier und wurde bezeichnenderweise unter dem Titel American Progress in Tausenden Reproduktionen und Varianten populär, von der Saloon-Dekoration bis zum Kinderbuch.

Selbstverständlich werden im Bild Indigene und Bisons vertrieben, Columbia trägt unterm Arm ein als solches gekennzeichnetes "School Book" und ein Seil, das sich als Telegrafenkabel fortsetzt und damit die Verbindungslinie der beiden wahren Grenzen des neuen Landes, nämlich der Ozeane, bildet. Der östliche Ozean steht für die Ankunft der Migranten, die Europa zugewandte Seite des Subkontinents, der westliche dagegen bleibt rein und offen: die Welt, die dem neuen Menschen grenzenlos erscheinen muss.

Was wir aber auch sehen: die Bezäunung der Felder. Das Land, das keine anderen äußeren Grenzen mehr kennt als die Weiten der Meere, errichtet flugs seine inneren Grenzen. Das Bild von Gast (1842–1896) verdichtet und illustriert das Manifest Destiny, die Vorstellung von der gottgewollt-schicksalshaften Sendung zur Besiedlung des weiten Landes.

Eine weiß gekleidete Frau, Lady Columbia oder Miss Columbia, die weibliche Verkörperung der United States, schwebt über den Männern und Siedler-Familien, die mit Pflug, Ochsen, Pferd, Planwagen, Kutsche und Eisenbahn das Land "erobern". Bemerkenswerterweise findet diese mythisch-allegorische Bewegung nicht, wie es naheliegend wäre, von links nach rechts (in unserer Ikonografie: in die Zukunft), sondern in umgekehrter Richtung statt. Damit wird diese Bewegung jenseits ihrer Geografie auch zu einer Bewegung in die Vergangenheit, zurück zu den Ursprüngen, zum puritanischen Paradies vielleicht.

Das Licht kommt aus dem Osten und beleuchtet die Bewegung nach Westen, wo es noch dunkel ist und wild, aber sich erhellt durch die christlich-kapitalistische Landnahme. Übrigens war John Gast ein New Yorker Maler mit deutschen Wurzeln. Dies, um daran zu erinnern, dass vieles am Westen eine Erfindung aus dem Osten, aus post-europäischem Überschwang war.

Die Moving Frontier gen Westen ist das mythische Bild für den großen amerikanischen Widerspruch: Fundamentale Enge und magische Weite, der Cowboy, der unterm Big Sky den Stacheldraht des Farmers für seinen Herrn, den Viehbaron, beseitigen will. Genau dieser Cowboy in seiner absurden Situation, der die Freiheit seines Herrn mit der Freiheit des Subjekts, die Freiheit des Kapitals mit der Freiheit des Landes verwechselt, wäre heute ein idealer Trump-Wähler.

Die mehr oder weniger Vereinigten Staaten von Amerika konnten die Widersprüche, das verrückte Nebeneinander von liberalem Aufbruch und erzkonservativer Retromanie, stets nur durch die Phantasie des Fortschritts ertragen. So durften sich selbst die Verlierer als Teil des großartigen American Way of Life empfinden, auf den der Rest der Welt nur mit einer Mischung aus Bewunderung und Neid blicken konnte. Dieses Amerika versteht sich nur durch eine Grenze, die sich gleichzeitig nach außen bewegt und nach innen schützt. Und gerade, weil eine solche Grenze widersprüchlich ist, zeigt sich der amerikanische Traum so besessen von der Idee der Grenze. Der Grenze nach Westen. Der Grenze zum Weltraum. Der Grenze des Wissens. Der Grenze zwischen Leben und Tod. Und der Grenze der Freiheit.

Zwischen dem Osten (dem Herkommen) und dem Westen (dem Hinwollen) gibt es in der Bewegung Kampf, Opfer, Verlust und Triumph. Wie im Oklahoma Land Rush, wie im Goldrausch, geht es bei dieser kollektiven Bewegung immer auch um die Konkurrenz. Die Starken, die Schnellen, die "Amerikanischeren" gewinnen. Und es muss allen jenen verziehen werden, die sich bei der Bewegung der Grenzen als skrupellos gezeigt haben. Die Pilgrim Fathers, die Siedler-Patriarchen, die Viehbarone und ihre Söhne, halbverrückt und größenwahnsinnig. Andrerseits: Wer zu viel Macht und zu viel Reichtum, zu viel Land oder zu viel Wissen anhäuft, kommt irgendwann zu Fall; das "Volk" wendet sich früher oder später gegen ihn. Ein Bannon findet sich gegen einen Musk, der es trotz allem nicht geschafft haben wird, unsterblich zu werden. Und die Geschichte der Grenzen beginnt aufs Neue.

Wenn die Bewegung der Grenze die räumliche Dimension des amerikanischen Traums ist, dann ist die Disruption die zeitliche. Möglicherweise befinden wir uns in einem techno-politischen Zustand, in dem beides nicht mehr recht voneinander zu trennen ist. Und der von den Musk-Oligarchen angekündigte Weg zur neuen Grenze, dem Mars, ist zugleich eine räumliche wie zeitliche Flucht aus den Widersprüchen.

Der progressive Gottesstaat Rio Grande USA Mexiko Grenze Migranten schlagen sich durch den Stacheldraht an der Grenze zu den Vereinigten Staaten und überqueren den Rio Grande. © Andrew Caballero-Reynolds/​AFP/​Getty Images Die größte individuelle Rebellion, die es für einen Amerikaner gibt, ist es, die Grenze zu überschreiten. Der Westen, das ist die Verlockung, über den Rio Grande nach Mexiko zu gehen, wie Butch Cassidy und Sundance Kid und viele Outlaws und Banditen nach ihnen, oder wie heroische Künstler und verfolgte Denker. Der Osten hingegen ist die Verlockung nach dem alten Europa, nach Kultur und Philosophie.

Beide Grenzüberschreitungen werden vom Heartland und seinen Bewohnern mit Argwohn beobachtet. "We might even leave the USA" ist eine fröhliche Idee der Band Canned Heat, während Bruce Springsteen in Born in the USA die Ausweglosigkeit beklagt: "Nowhere to run, ain’t got nowhere to go". Die Grenzen der USA sind die Grenzen meiner Welt. Den einen gefällt das, die anderen gehen daran zugrunde.

Der Osten als ewiges Beginnen und der Westen als ewige Bewegung. Dazwischen der "große Süden" mit seiner Sklavenhalter-Gesellschaft und unzählige Enklaven von religiösen, sprachlichen und kulturellen Gemeinschaften, die ihre Eigenheiten pflegten und sich doch vollkommen als "Amerikaner" fühlten. Rechtmäßige Bewohner eines zugleich mythischen und materiellen "gelobten Landes".

Mochte es im alten Europa noch Aspekte geben, die Max Webers Modell von der Verbindung von Protestantismus und Kapitalismus immerhin relativieren – die Vereinigten Staaten von Amerika wollten diesen Traum (und Alptraum) verwirklichen: Die Vereinigung von Demokratie (individuelle Freiheit), Puritanismus (bigottes Sendungsbewusstein) und Kapitalismus (Besitz als oberstes Gut, Verbindung von Reichtum und Politik). Dies, zu einer Meta-Religion vereint, ergibt das Bild einer neuerlichen Dialektik: der progressive Gottesstaat.

Politisch wird dieses Konglomerat durch eine Balance zwischen regionalen und zentralen Kräften zusammengehalten, die des "großen weißen Vaters in Washington" und die des Town Sheriffs, der in seiner Stadt das Gesetz nicht vertritt, sondern ist. Sie ergänzen einander, so wie sie auch immer wieder in Konflikt miteinander geraten. Das Gesetz und die Ordnung, das sind zwei Prinzipien, die durchaus nicht immer und nicht überall in den USA kongruent miteinander sind. Während im alten Europa Grenzen immer nur zu Gunsten der einen und zu Ungunsten der anderen verschoben werden können, mit Politik und Krieg, werden die Grenzen der USA als mythisch-historische begriffen. Es ist die Grenze der Gottesfurcht, des gelobten Landes, es ist die Grenze der Zivilisation, die unaufhörlich (nach Westen) verschoben wird.

Der Traum vom amerikanischen Imperium, dessen Grenzen ausschließlich natürlich-mythologischer Natur sind, ist also keine Erfindung des Trumpismus. Er schlummert im Sendungsbewusstsein jener, die die Grenzen Amerikas erweitern wollen, weil sie sie nicht überschreiten können.

Louisiana 1803 Under My Wings, Everything Prospers New Orleans Ein Ölgemälde aus dem Jahr 1803: "Unter meinen Flügeln, gedeiht alles". Die Flügel bilden die Grenze der Zivilisation, des gelobten Landes. © GRANGER Historical Picture Archive/​imago images Zwei Gesellschaftsmodelle finden sich in diesen paradoxen USA: Die Bildung einer Great Society, die in ständiger Bewegung den technischen mit dem sozialen Fortschritt verbindet, eine Gesellschaft, die sich in die Zukunft hinein entwickelt. Und die Verteidigung eines weißen, puritanischen und männlichen Herrschaftsmodells, das sich gegen Neuankömmlinge und "A

·perplexity.ai·
Trumpismus: Weit das wilde Land, eng die eigene Welt. Zeit.de
Trumpismus: Weit das wilde Land, eng die eigene Welt
Trumpismus: Weit das wilde Land, eng die eigene Welt

Trumpismus: Weit das wilde Land, eng die eigene Welt | ZEIT ONLINE

www.zeit.de Die Vereinigten Staaten von Amerika sind ein seltsames, progressives, reaktionäres und schuldbeladenes Konstrukt. In ihrem Gründungsmythos verbinden sich das Archaische und das Moderne, flackernd zwischen den Polen vom Eiland Manhattan und vom Wilden Westen – dem Ort der Ankunft der Einwanderer und der sogenannten Moving Frontier, die, wie es scheint, bis heute nicht aufhört, sich zu bewegen. Ihr Geist wirkt bis in die Gegenwart.

Die Moving Frontier war eine gewaltsame Unterwerfung der Natur, der indigenen Einwohner, der Mexikaner und nicht zuletzt der eigenen unkontrollierten Gier nach Land, Gold und Macht. Das berühmte Bild American Progress von John Gast fasst diese Bewegung von Ozean zu Ozean allegorisch zusammen.

American Progress John Gast 1873 Das Gemälde "American Progress" des Malers John Gast stellt allegorisch das sogenannte "Manifest Destiny" dar: die göttliche Vorbestimmung der Frontier-Bewegung. © GRANGER Historical Picture Archive/​imago images So wie die Freiheitsstatue in New York für Integration und Erlösung steht, so erklärt dieses Bild das exkludierende Western Movement. Die dort Eingeladenen werden hier zu den Vertreibern und Mördern und empfinden gerade dies als heilige Sendung. Ursprünglich hieß das Bild Spirit of the Frontier und wurde bezeichnenderweise unter dem Titel American Progress in Tausenden Reproduktionen und Varianten populär, von der Saloon-Dekoration bis zum Kinderbuch.

Selbstverständlich werden im Bild Indigene und Bisons vertrieben, Columbia trägt unterm Arm ein als solches gekennzeichnetes "School Book" und ein Seil, das sich als Telegrafenkabel fortsetzt und damit die Verbindungslinie der beiden wahren Grenzen des neuen Landes, nämlich der Ozeane, bildet. Der östliche Ozean steht für die Ankunft der Migranten, die Europa zugewandte Seite des Subkontinents, der westliche dagegen bleibt rein und offen: die Welt, die dem neuen Menschen grenzenlos erscheinen muss.

Was wir aber auch sehen: die Bezäunung der Felder. Das Land, das keine anderen äußeren Grenzen mehr kennt als die Weiten der Meere, errichtet flugs seine inneren Grenzen. Das Bild von Gast (1842–1896) verdichtet und illustriert das Manifest Destiny, die Vorstellung von der gottgewollt-schicksalshaften Sendung zur Besiedlung des weiten Landes.

Eine weiß gekleidete Frau, Lady Columbia oder Miss Columbia, die weibliche Verkörperung der United States, schwebt über den Männern und Siedler-Familien, die mit Pflug, Ochsen, Pferd, Planwagen, Kutsche und Eisenbahn das Land "erobern". Bemerkenswerterweise findet diese mythisch-allegorische Bewegung nicht, wie es naheliegend wäre, von links nach rechts (in unserer Ikonografie: in die Zukunft), sondern in umgekehrter Richtung statt. Damit wird diese Bewegung jenseits ihrer Geografie auch zu einer Bewegung in die Vergangenheit, zurück zu den Ursprüngen, zum puritanischen Paradies vielleicht.

Das Licht kommt aus dem Osten und beleuchtet die Bewegung nach Westen, wo es noch dunkel ist und wild, aber sich erhellt durch die christlich-kapitalistische Landnahme. Übrigens war John Gast ein New Yorker Maler mit deutschen Wurzeln. Dies, um daran zu erinnern, dass vieles am Westen eine Erfindung aus dem Osten, aus post-europäischem Überschwang war.

Die Moving Frontier gen Westen ist das mythische Bild für den großen amerikanischen Widerspruch: Fundamentale Enge und magische Weite, der Cowboy, der unterm Big Sky den Stacheldraht des Farmers für seinen Herrn, den Viehbaron, beseitigen will. Genau dieser Cowboy in seiner absurden Situation, der die Freiheit seines Herrn mit der Freiheit des Subjekts, die Freiheit des Kapitals mit der Freiheit des Landes verwechselt, wäre heute ein idealer Trump-Wähler.

Die mehr oder weniger Vereinigten Staaten von Amerika konnten die Widersprüche, das verrückte Nebeneinander von liberalem Aufbruch und erzkonservativer Retromanie, stets nur durch die Phantasie des Fortschritts ertragen. So durften sich selbst die Verlierer als Teil des großartigen American Way of Life empfinden, auf den der Rest der Welt nur mit einer Mischung aus Bewunderung und Neid blicken konnte. Dieses Amerika versteht sich nur durch eine Grenze, die sich gleichzeitig nach außen bewegt und nach innen schützt. Und gerade, weil eine solche Grenze widersprüchlich ist, zeigt sich der amerikanische Traum so besessen von der Idee der Grenze. Der Grenze nach Westen. Der Grenze zum Weltraum. Der Grenze des Wissens. Der Grenze zwischen Leben und Tod. Und der Grenze der Freiheit.

Zwischen dem Osten (dem Herkommen) und dem Westen (dem Hinwollen) gibt es in der Bewegung Kampf, Opfer, Verlust und Triumph. Wie im Oklahoma Land Rush, wie im Goldrausch, geht es bei dieser kollektiven Bewegung immer auch um die Konkurrenz. Die Starken, die Schnellen, die "Amerikanischeren" gewinnen. Und es muss allen jenen verziehen werden, die sich bei der Bewegung der Grenzen als skrupellos gezeigt haben. Die Pilgrim Fathers, die Siedler-Patriarchen, die Viehbarone und ihre Söhne, halbverrückt und größenwahnsinnig. Andrerseits: Wer zu viel Macht und zu viel Reichtum, zu viel Land oder zu viel Wissen anhäuft, kommt irgendwann zu Fall; das "Volk" wendet sich früher oder später gegen ihn. Ein Bannon findet sich gegen einen Musk, der es trotz allem nicht geschafft haben wird, unsterblich zu werden. Und die Geschichte der Grenzen beginnt aufs Neue.

Wenn die Bewegung der Grenze die räumliche Dimension des amerikanischen Traums ist, dann ist die Disruption die zeitliche. Möglicherweise befinden wir uns in einem techno-politischen Zustand, in dem beides nicht mehr recht voneinander zu trennen ist. Und der von den Musk-Oligarchen angekündigte Weg zur neuen Grenze, dem Mars, ist zugleich eine räumliche wie zeitliche Flucht aus den Widersprüchen.

Der progressive Gottesstaat Rio Grande USA Mexiko Grenze Migranten schlagen sich durch den Stacheldraht an der Grenze zu den Vereinigten Staaten und überqueren den Rio Grande. © Andrew Caballero-Reynolds/​AFP/​Getty Images Die größte individuelle Rebellion, die es für einen Amerikaner gibt, ist es, die Grenze zu überschreiten. Der Westen, das ist die Verlockung, über den Rio Grande nach Mexiko zu gehen, wie Butch Cassidy und Sundance Kid und viele Outlaws und Banditen nach ihnen, oder wie heroische Künstler und verfolgte Denker. Der Osten hingegen ist die Verlockung nach dem alten Europa, nach Kultur und Philosophie.

Beide Grenzüberschreitungen werden vom Heartland und seinen Bewohnern mit Argwohn beobachtet. "We might even leave the USA" ist eine fröhliche Idee der Band Canned Heat, während Bruce Springsteen in Born in the USA die Ausweglosigkeit beklagt: "Nowhere to run, ain’t got nowhere to go". Die Grenzen der USA sind die Grenzen meiner Welt. Den einen gefällt das, die anderen gehen daran zugrunde.

Der Osten als ewiges Beginnen und der Westen als ewige Bewegung. Dazwischen der "große Süden" mit seiner Sklavenhalter-Gesellschaft und unzählige Enklaven von religiösen, sprachlichen und kulturellen Gemeinschaften, die ihre Eigenheiten pflegten und sich doch vollkommen als "Amerikaner" fühlten. Rechtmäßige Bewohner eines zugleich mythischen und materiellen "gelobten Landes".

Mochte es im alten Europa noch Aspekte geben, die Max Webers Modell von der Verbindung von Protestantismus und Kapitalismus immerhin relativieren – die Vereinigten Staaten von Amerika wollten diesen Traum (und Alptraum) verwirklichen: Die Vereinigung von Demokratie (individuelle Freiheit), Puritanismus (bigottes Sendungsbewusstein) und Kapitalismus (Besitz als oberstes Gut, Verbindung von Reichtum und Politik). Dies, zu einer Meta-Religion vereint, ergibt das Bild einer neuerlichen Dialektik: der progressive Gottesstaat.

Politisch wird dieses Konglomerat durch eine Balance zwischen regionalen und zentralen Kräften zusammengehalten, die des "großen weißen Vaters in Washington" und die des Town Sheriffs, der in seiner Stadt das Gesetz nicht vertritt, sondern ist. Sie ergänzen einander, so wie sie auch immer wieder in Konflikt miteinander geraten. Das Gesetz und die Ordnung, das sind zwei Prinzipien, die durchaus nicht immer und nicht überall in den USA kongruent miteinander sind. Während im alten Europa Grenzen immer nur zu Gunsten der einen und zu Ungunsten der anderen verschoben werden können, mit Politik und Krieg, werden die Grenzen der USA als mythisch-historische begriffen. Es ist die Grenze der Gottesfurcht, des gelobten Landes, es ist die Grenze der Zivilisation, die unaufhörlich (nach Westen) verschoben wird.

Der Traum vom amerikanischen Imperium, dessen Grenzen ausschließlich natürlich-mythologischer Natur sind, ist also keine Erfindung des Trumpismus. Er schlummert im Sendungsbewusstsein jener, die die Grenzen Amerikas erweitern wollen, weil sie sie nicht überschreiten können.

Louisiana 1803 Under My Wings, Everything Prospers New Orleans Ein Ölgemälde aus dem Jahr 1803: "Unter meinen Flügeln, gedeiht alles". Die Flügel bilden die Grenze der Zivilisation, des gelobten Landes. © GRANGER Historical Picture Archive/​imago images Zwei Gesellschaftsmodelle finden sich in diesen paradoxen USA: Die Bildung einer Great Society, die in ständiger Bewegung den technischen mit dem sozialen Fortschritt verbindet, eine Gesellschaft, die sich in die Zukunft hinein entwickelt. Und die Verteidigung eines weißen, puritanischen und männlichen Herrschaftsmodells, das sich gegen Neuankömmlinge und "Aufsteiger" verteidigt, und das Recht, Amerikaner zu werden, sich nicht anders verwirklichen lässt, denn in Form von Gewalt. Großer Schmelztiegel oder Gesellschaft als ewiger Bürgerkrieg, das ist hier die Frage.

USA Mehr zum Thema Geschichtspodcast Born in the USA, Teil 1: Demokratie in Gefahr American Dream Wer in Amerika träumen will, braucht dazu zwei Jobs Weltraumpolitik der USA Die Mars-Connection Die USA entstanden durch die Unabhängigkeitskriege (an die mit der Tea Party erinnert wird, einer der ersten Widerstandshandlu

·flip.it·
Trumpismus: Weit das wilde Land, eng die eigene Welt
Bonhoeffers Theorie der Dummheit
Bonhoeffers Theorie der Dummheit
Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit. Gegen das Böse läßt sich protestieren, es läßt sich bloßstellen, es läßt sich notfalls mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer den Keim der Selbstzersetzung in sich, indem es mindestens ein Unbehagen im Menschen zurückläßt. Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch durch Gewalt läßt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht; Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden – in solchen Fällen wird der Dumme sogar kritisch – und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als nichtssagende Einzelfälle beiseitegeschoben werden. Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst zufrieden; ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum Angriff übergeht. Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen. Niemals werden wir mehr versuchen, den Dummen durch Gründe zu überzeugen; es ist sinnlos und gefährlich.
·casabuitoni.de·
Bonhoeffers Theorie der Dummheit
Umfassend Verstehen. Die Theorie der DUMMHEIT von Dietrich Bonhoeffer
Umfassend Verstehen. Die Theorie der DUMMHEIT von Dietrich Bonhoeffer
Bonhoeffer argumentiert, dass Dummheit ein soziologisches und moralisches Problem darstellt, nämlich die bewusste Verweigerung von kritischem Denken und Reflexion3. Seiner Beobachtung nach breitet sich Dummheit unter bestimmten Umständen wie eine Epidemie aus und infiziert große Teile der Gesellschaft, besonders häufig in Gruppen und Massen.
·perplexity.ai·
Umfassend Verstehen. Die Theorie der DUMMHEIT von Dietrich Bonhoeffer
Einbürgerung in die USA: Zwischen Amerikasehnsucht und Amerikasorge | taz.de
Einbürgerung in die USA: Zwischen Amerikasehnsucht und Amerikasorge | taz.de
Die paar hundert Menschen, die heute früh den Raum 310 bevölkern, sind so etwas wie die Nachfolger der Ellis-Island-Ankömmlinge, auch wenn sie nicht gerade frisch mit dem Schiff den Atlantik überquert haben. Es sind Menschen aus Ghana und Burkina Faso, aus Kroatien und Jamaika, aus China, aus Deutschland und vielen weiteren Ländern, die hier heute warten.
·perplexity.ai·
Einbürgerung in die USA: Zwischen Amerikasehnsucht und Amerikasorge | taz.de
Dringlichkeit der Klimakrise. SciLogs. Teil 1: Weil wir nicht das Maß aller Dinge sind.
Dringlichkeit der Klimakrise. SciLogs. Teil 1: Weil wir nicht das Maß aller Dinge sind.
Ich bin von der Ausbildung her Physiker, und auch meine Tätigkeit als Wissenschaftskommunikator ist (Astro-)Physik-basiert. Ich arbeite zwar selbst nicht in der Klimaforschung, bin also kein Experte, wenn es darum geht, neue Forschungsergebnisse angemessen einzuordnen. Aber die wichtigsten Grundlagen habe ich selbst durchgerechnet – Planetenatmosphären und Treibhauseffekt kommen durchaus in Vorlesungen vor, die ich halte.
·perplexity.ai·
Dringlichkeit der Klimakrise. SciLogs. Teil 1: Weil wir nicht das Maß aller Dinge sind.