Ukraine-Krieg auf TikTok, Twitter und Co.: So entlarven Sie falsche Bilder und Videos - DER SPIEGEL
Die erste Frage, die Sie sich stellen sollten, wenn Ihnen ein Algorithmus ein vermeintlich krasses Foto oder Kurzvideo in die Timeline spült, lautet: Habe ich überhaupt eine Ahnung, was hier zu sehen ist? Habe ich Hintergrundwissen, um die Situation einzuordnen? Verstehe ich den Text drumherum oder die Dialoge im Video?
Die Komikerin Abbie Richards, <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://www.tiktok.com/@tofology/video/7068423698927111471?is_copy_url=1&is_from_webapp=v1" data-link-flag="external">die sich auf TikTok mit Falschinformationen beschäftigt</a>, sagt in ihrem neuesten Video, dass es den Algorithmus einer Plattform befeuern kann, wenn Nutzerinnen und Nutzer ein älteres Video plötzlich so kommentieren, als wäre es aktuell und aus der Ukraine. Als Beispiel zeigt sie einen Clip, der eigentlich aus Kasachstan stammt.
Eine grobe Orientierung geben auf Plattformen wie Facebook und Twitter blaue Haken auf den Profilseiten
Für einen schnellen Überblick, welchen Accounts es sich zum Ukraine-Konflikt zu folgen lohnt, helfen von Redaktionen kuratierte Twitter-Listen. »Zeit Online« etwa versammelt <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://twitter.com/i/lists/1486391104782098436" data-link-flag="external">in seiner Liste »Ukraine und Russland«</a> mehrere Dutzend »wichtige Stimmen, die über den Krieg in der Ukraine twittern«.
Der Journalist Marcus Bösch verweist <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://tiktoktiktoktiktok.substack.com/p/tiktok-newsletter-72?utm_source=url" data-link-flag="external">in seinem jüngsten Newsletter</a> auf ein TikTok-Video mit einem Fallschirmspringer in Militärkleidung, das laut dem Top-Kommentar angeblich eine Invasion zeigt. Auf TikTok ist der Clip <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://twitter.com/oneunderscore__/status/1496897223237554177" data-link-flag="external">rund 20 Millionen Mal aufgerufen worden</a>. Letztlich ist der Kommentar aber Quatsch: Das Video wurde <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://www.instagram.com/p/6zv1DqhAwb/?utm_medium=copy_link" data-link-flag="external">bereits 2015 auf Instagram hochgeladen, von einem Nutzer mit demselben Namen</a>.
Auch ein anderer Clip, der auf TikTok und Twitter die Runde macht und angeblich die Landung russischer Fallschirmspringer zeigt, kursiert bereits seit Jahren im Netz. Mit dem aktuellen Kampfgeschehen hat er nichts zu tun, <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://twitter.com/Shubham_RSS_/status/1496812048868515847" data-link-flag="external">daran ändern auch mehr als 500 Retweets binnen 24 Stunden nichts</a>.
Im Netz gibt es einige Tools, deren Daten dabei helfen, das Alter von Videos abzuschätzen und ob es sich um Re-Uploads handelt. Im Fall von YouTube etwa helfen der <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://citizenevidence.amnestyusa.org/" data-link-flag="external">YouTube DataViewer von Amnesty International</a> und die <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://mattw.io/youtube-metadata/" data-link-flag="external">Website YouTube Metadata</a>.
In vielen Fällen lohnt ein Blick in die sogenannten Metadaten. Auslesen lassen sich diese Informationen mithilfe von <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://www.metadata2go.com/" data-link-flag="external">Online-Services wie Metadata2Go</a> oder auch <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="http://exif.regex.info/exif.cgi" data-link-flag="external">Jeffrey's Image Metadata Viewer</a>. Metadaten lassen sich <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://www.heise.de/select/ct/2020/5/2002714501095530495" data-link-flag="external">aus Fotos aber auch entfernen</a>. Mehr zum Thema lesen Sie <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://www.poynter.org/reporting-editing/2022/how-to-spot-video-and-photo-fakes-as-russia-invades-ukraine/" data-link-flag="external">hier beim Poynter Institute</a>. Dienste wie Twitter, Facebook und Instagram löschen Metadaten in Fotos automatisch schon beim Upload.
Rückwärtssuchen gibt es auch von Anbietern wie <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://www.bing.com/visualsearch/Microsoft/SimilarImages" data-link-flag="external">Microsoft</a>, <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://tineye.com/" data-link-flag="external">TinEye</a> und <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://yandex.com/images/" data-link-flag="external">Yandex</a>. Auf der Images-Unterseite des russischen Dienstes versteckt sich die Funktion hinter dem Icon rechts im Suchfeld.
Bei jedem Clip steht unten links unter dem Nutzernamen, woher der verwendete Ton kommt. Ein einfacher Klick auf den »Originalton«-Schriftzug lässt so erahnen, ob Ton und Video von der gleichen Person stammen. Unterscheiden sich die Angaben, ist es unwahrscheinlich, dass Aufnahme und Sound zusammengehören.
Um ein Grundgefühl dafür bekommen, welche Arten von Fakes kursieren, kann es helfen, sich Fake-Sammlungen etablierter Medien oder von Faktencheck-Organisationen anzusehen. Solche Übersichten finden sich beispielsweise <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://www.bbc.com/news/60513452" data-link-flag="external">hier bei der BBC</a> und <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2022/02/22/diese-falschinformationen-und-geruechte-kursieren-zum-ukraine-russland-konflikt/" data-link-flag="external">hier bei Correctiv</a>. Das deutsche Portal, <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://correctiv.org/faktencheck/ueber-uns/2018/12/17/ueber-die-kooperation-zwischen-correctiv-faktencheck-und-facebook/" data-link-flag="external">das Facebook im Kampf gegen Falschnachrichten unterstützt</a>, berichtet zum Beispiel von einem angeblichen Saboteurs-Video, dessen Tonspur ursprünglich aus einem YouTube-Video aus dem Jahr 2010 stammt.
Dazu zählt das Centre for Information Resilience. <a target="_blank" rel="noopener noreferrer" href="https://maphub.net/Cen4infoRes/russian-ukraine-monitor" data-link-flag="external">Auf einer interaktiven Karte</a> sammelt die in London ansässige Organisation Videos, Tweets und Quellen, die durch öffentlich verfügbare Informationen wie etwa Satellitendaten verifiziert werden konnten.